Baldiga - Entsichertes Herz

West-Berlin 1979. Jürgen Baldiga, Sohn eines Essener Bergmanns, ist gerade in die Stadt gezogen und beschließt, Künstler zu werden. Er arbeitet als Stricher und Koch, schreibt Gedichte und Tagebuch. Mit seiner HIV-Infektion entdeckt er 1984 die Fotografie. Seine Bilder sollen die Zeit anhalten und die Wirklichkeit einfangen: Sie zeigen seine Freunde und Lover, wilden Sex und das Leben auf der Straße und immer wieder die lustvollen Tunten des Schwulenclubs SchwuZ, die zu seiner Wahlfamilie werden. Zwischen Verzweiflung und Begehren, Auflehnung und unbändigem Überlebenswillen wird Baldiga im Angesicht des nahen eigenen Todes zum Chronisten der schwulen West-Berliner Subkultur. Als er 1993 im Alter von 34 Jahren stirbt, hinterlässt er tausende Fotografien und 40 Tagebücher – ein einzigartiges künstlerisches Vermächtnis.

Entlang von Baldigas poetischen Tagebüchern und schonungslosen Bildern sowie über die Erinnerungen von Wegbegleiter:innen zeigt „Baldiga – Entsichertes Herz“ den Künstler nicht nur als bahnbrechenden Fotografen, sondern auch als Aids-Aktivisten und engagierten Kämpfer gegen die Stigmatisierung schwuler Lebensentwürfe. Das Porträt eines radikalen und komplexen Künstlers – und der sagenumwobenen queeren West-Berliner Szene der 80er und frühen 90er Jahre, die Baldiga so einfühlsam und authentisch fotografisch einfing wie niemand sonst.

Regie: Markus Stein 
Sprecher: Maurice Läble
Buch: Ringo Rösener 
Bildgestaltung: Florian Lampersberger
Schnitt: Brigitte Maria Schmidle 
Produzent: Olaf Jacobs
Produktion: Hoferichter & Jacobs GmbH mit dem RBB
Verleih: Salzgeber

Förderung: Mitteldeutsche Medienförderung, Medienboard Berlin-Brandenburg, Kulturelle Filmfördern Mecklenburg-Vorpommern, BKM, DFFF

Heinrich Blücher: Versuche über den Nationalsozialismus

Hannah Arendt hat die »Origins of Totalitarianism« ihrem zweiten Ehemann Heinrich Blücher gewidmet. In der amerikanischen Erstauflage ist diese Widmung noch um den Zusatz »This book could hardly have been written without the unpublished political philosophy of the person to whom it is dedicated« ergänzt. Bis heute ist völlig ungeklärt, inwieweit der frühere Kommunist und linke Aktivist Heinrich Blücher wirklich Arendts Denken beeinflusst hat. Zwei kürzlich entdeckte Texte geben Aufschluss. Diese »Versuche über den Nationalsozialismus« hat Blücher in den 1940er Jahren verfasst und sie sind das Bemühen, Nationalsozialismus und Totalitarismus zu verstehen. 
Mit der Herausgabe wird ein Licht in die bis heute verborgene Arbeitsbeziehung zwischen der akademisch geschulten Schriftstellerin und dem proletarischen Autodidakten geworfen. Ein umfassendes Nachwort geht auf Blüchers kommunistische Vergangenheit ein und rekonstruiert Aspekte von Arendts Nachdenken über den Totalitarismus als Ergebnisse eines Dialogs mit Blücher. Die »Versuche« Blüchers zeigen, dass Arendts politische Theorie auch eine Auseinandersetzung mit den praktisch-politischen Erfahrungen ihres Mannes darstellen.

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Das Heinrich Blücher Projekt 

Die New School Vorlesungen "Sources of Creative Power" von 1953/54

Heinrich Blücher hat in den 1950er Jahren seinen vermutlich zentralen philosophischen Ansatz in einer Vorlesungsreihe an der New School for Social Research vorgestellt. Erstmals ist die komplette Vorlesungsreihe verfügbar. 

Unter Männern - Schwul in der DDR

Vor mehr als zwei Jahrzehnten existierte in Europa ein Land, das die Grenze zu einem anderen politischen und wirtschaftlichen System markierte und doch die Mitte des Kontinents darstellte. Dieses Land nannte sich Deutsche Demokratische Republik, verwirklichte den Sozialismus und war Heimat für 17 Millionen Menschen. Tief in der ostdeutschen Provinz geboren, bekam Ringo Rösener gerade noch den Zusammenbruch mit. Mit dem Jahrtausendwechsel verlässt er seine Geburtsstadt Anklam und lebt seine Homosexualität aus - das ist etwas, das er sich bis dahin nie getraut hatte. Wäre so ein offen schwules Leben im real existierenden Sozialismus möglich gewesen?  

Ringo Rösener begegnet sechs schwulen Männern, die in der DDR lebten und die zum Teil erstmals offen über ihre Sexualität sprechen. Nach und nach lassen sie ihn an ihren eigenen persönlichen Geschichten teilhaben und sprechen von ihrem Leben in einem vermeintlich uniformen Staat. 

Freundschaft als Liebe zur Welt. Im Kino mit Hannah Arendt

Warum ist es überhaupt notwendig, dass Freundinnen oder Freunde existieren? Wie der Film Rebel without a Cause zeigt, sind Freundschaften nicht nur soziale Verhältnisse, sondern für das Leben existenziell
und dem lebensbedrohenden Alleinsein entgegengesetzt. In diesem Sinne steht der Film dem Existentialismus der 1950er Jahre ausgesprochen nahe. So ist es nur auf den ersten Blick verwunderlich, dass die Themen des Films Alleinsein, Liebe und Freundschaft bei Hannah Arendt zu entdecken sind. Die Engführung bekannter Hollywood-Filme und der Schriften Hannah Arendts, in denen sie die Existenzphilosophie ihrer Lehrer Martin Heidegger und Karl Jaspers um eine pluralistische Dimension erweitert, erlaubt einen neuen Blick auf das Phänomen Freundschaft. Diesen Gedanken und die Rekonstruktion eines über die vergangenen 2000 Jahre verloren gegangenen Verbs der Freundschaft verfolgt das  das Buch anhand weiterer Filme und den Schriften Arendts. In drei Kapiteln  geht die Arbeit, jeweils anhand eines Filmbeispiels, den Tätigkeiten der Freundschaft nach. Gleichzeitig werden mit Arendt die Begriffe und
Konzepte sondiert, die helfen, die Filme in niedergeschriebene Philosophie zu integrieren. So wird nicht nur begründet, warum es notwendig ist, Freundschaften einzugehen und tätig zu pflegen, sondern werden die auch existenzphilosophischen Aspekte in Hannah Arendts Denken herausgearbeitet.